AKADEMIE FÜR KULTUR- UND WISSENSCHAFTSWISSENSCHAFT

INSTITUT FÜR STUDIEN DER MUSIKKULTUR DES PORTUGIESISCHEN SPRACHRAUMES

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byzantinistik


rückblicke

lehrveranstaltungen in brasilien

1970-1974

fakultät für musik und kunsterziehung des musikinstituts são paulo

fachbereiche
ästhetik, wahrnehmung, strukturaktionstheorie, fundamente der expression und kommunikation des menschen

Egon Wellesz

1885-1974

Die Bedeutung von Egon Wellesz für die Musikstudien Brasiliens wurde im Rahmen der Literaturbesprechung in den Fachbereichen Musikethnologie und Ästhetik der Fakultät für Musik und Musikerziehung des Musikinstituts São Paulo 1972 hervorgehoben. Diese Aufmerksamkeit für Egon Wellesz sollte sich später in Europa vertiefen.


Der Grund für diese Relevanz von Wellesz in Brasilien lag in seiner Ausbildung und Jugend in der k.- und k.- Monarchie Anfanges des 20. Jahrhunderts. Auch Martin Braunwieser (1901-1991) -  der als ein wichtiger Vertreter der Vergleichenden Musikwissenschaft in Brasilien auch das Musikinstitut São Paulos künstlerisch und wissenschaftlich bis 1972 leitete - erhielt seine Ausbildung am Mozarteum zu dieser Zeit.


Wellesz stammte aus Ungarn, das bis zum I. Weltkrieg mit Österreich verbundenen war. Er studierte ab 1904 Musikwissenschaft bei Guido Adler (1855-1941) und Kontrapunkt bei Arnold Schönberg (1874-1951). Die Studien von Wellesz aus seiner Jugendzeit bezeugen das verbreitete Interesse für die Musik des Orients in Österreich-Ungarn, das während und nach dem Ersten Weltkrieg bestand. Dieses Interesse äußerte sich sowohl wissenschaftlich als auch schöpferisch in Kompositionen.


Unter den Publikationen, die diese Auseinandersetzungen mit den Beziehungen zwischen West und Ost dokumentieren, hebt sich die „Miscellanea zur orientalischen Musikgeschichte“ hervor, die in der Zeitschrift für Musikwissenschaft in 2 Teilen 1918 und 1919 veröffentlicht wurde. Im gleichen Jahr erschien seine Studie „Vom Geist der chinesischen Musik“. Sein Interesse galt der Erkundung des „Wesens“ der Musik, wie seine Studien „Vom Wesen der orientalischen Musik“ offenbaren, die in Wien 1920 erschienen.

Dieses Interesse für die Musik des Orients prägte auch das Musikleben des Mozarteums von Salzburg in diesen Jahren. So wurden 1919 im Wiener Saal des Mozarteums im Fachbereich Deklamationen Li-Tai-Po (Die Treppe im Mondlicht), La-Ksu-Feng (Die drei Prinzessinnen), Thu-Sin-Ju (Hofdamen) und Li-Tai-Po (Der Pavillon aus Porzellan) neben Werken von Schubert und Brahms von Elfriede Thiede vorgetragen, an denen auch Martin Braunwieser teilnahm.


Die Bedeutung von Wellesz für Brasilien ergab sich auch aus seinem Einsatz für die zeitgenössische Musik. 1922 gründete Wellesz gemeinsam mit Rudolf Réti (1885-1957) die Internationale Gesellschaft für Neue Musik (IGM). Er arbeitete auch in der Gesellschaft für private Aufführungen von Schönberg mit. Wellesz gehörte 1925 zur Jury der Internationalen Geselschaft für Zeitgenössische Musik, die in Venedig das Festival zeitgenössischer Musik veranstaltete, bei dem auch Werke von H. Villa-Lobos (1887-1959) aufgeführt wurden.


(…)

Text basierend auf Niederschriften des von A.A.Bispo geleiteten Oberseminars

„Aktuelle Probleme anthropologischer Musikwissenschaft“ an der Universität Bonn 2003 und des Hauptseminars zur kulturwissenschaftlich orientierten Musikforschung an der Universität Köln 2005.