AKADEMIE FÜR KULTUR- UND WISSENSCHAFTSWISSENSCHAFT

INSTITUT FÜR STUDIEN DER MUSIKKULTUR DES PORTUGIESISCHEN SPRACHRAUMES

ISMPS

neue diffusion
ein dokumentationsprojekt

50 jahre hochschullehre und forschung
antonio alexandre bispo

akkulturation

integration

musik


rückblicke

lehrveranstaltungen in brasilien

1970-1974

fakultät für musik und kunsterziehung des musikinstituts são paulo

fachbereiche
ästhetik, wahrnehmung, strukturaktionstheorie, fundamente der expression und kommunikation des menschen

Egon Schaden
1913-1991

Der Begriff Akkulturation prägte seit den 1960er Jahren die Überlegungen und Debatten in verschiedenen Fachbereichen, die sich mit Kulturfragen beschäftigten. Seine Diskussion trug maßgeblich zur interdisziplinären Zusammenarbeit, zur Überschreitung von Fachgrenzen und zur Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf Prozesse bei. Einerseits wurde sie in den Sozialwissenschaften und vor allem in der Ethnologie durch Studien über Veränderungen bei indigenen Gruppen, die zu dieser Zeit durch die zunehmende Erschließung des Inneren Brasiliens und Amazoniens vermehrt kontaktiert wurden, angeregt und als erforderlich angesehen; diesbezüglich maßgeblich wurde die Arbeit von Egon Schaden.


Andererseits prägte sie die Überlegungen und Initiativen von Theologen, Liturgiewissenschaftlern, Komponisten und Musikforschern, die sich mit den Impulsen zur Erneuerung der Kirchenmusik auseinandersetzten, welche vom II. Vatikanischen Konzil ausgegangen sind. Führend hierfür war u.a. J. de Almeida Penalva (1924-2002). Er und andere Komponisten bemühten sich um die Schaffung einer "akkulturierten Kirchenmusik", wozu Studien und Analysen der Volksmusik notwendig wurden. Mehrere Treffen im Studium Theologicum und an der Universität von Paraná sowie in São Paulo wurden 1967, 1968 und 1969 durchgeführt.


Die Aufmerksamkeit für akkulturative Prozesse bestimmte die Diskussion in der Volkskunde. Führend war Rossini Tavares de Lim (1915-1987). Anstatt wie bis dahin von indigenen, afrikanischen oder sonstigen Einflüssen auf die brasilianische Musik zu sprechen, wurde etwa ungenau von Bantu-akkulturierter Musik u.a. gesprochen. Hier setzte die Kritik des Akkulturation-Begriffs an. Der Blickwinkel würde weiterhin von der Position der vorherrschenden Gesellschaft bestimmt, sodass im Grunde die überkommenen Denkweisen bestehen blieben. Die kritische Diskussion des Begriffs wurde im Zentrum für Forschungen in Musikforschung seit 1968 und in der Musikethnologie seit ihrer Einführung auf Hochschulebene 1972 fortgesetzt.



Text basierend auf Niederschriften der Vorlesungsreihe „Musik in der Begegnung der Kulturen“ von Prof. Dr. A. A. Bispo, Universität Köln 1997-2000, der Seminare „Musik und Symbolik“ sowie „Musik & Religion“ an der Universität Bonn 2003 sowie der Lehrveranstaltungen zu dem kulturwissenschaftlichen Ansatz in der Musikwissenschaft, zu Musik und Gnosis und Musik im Denken der Antike in Köln 2005-2008.